Oliver Rathkolb bereitet die Biografie Baldur von Schirachs, 1930 zum Reichsjugendführer ernannt, auf. Der Professor für Zeitgeschichte leistet damit einen wesentlichen Beitrag zur Aufarbeitung der Zeit des Austrofaschismus, indem er beispielsweise die Rolle Baldur von Schirachs in der österreichischen Kulturpolitik untersucht. Der Günstling Hitlers habe zum Opfermythos des Landes beigetragen, indem er die „Wiederbelebung der klassischen österreichischen Kulturtraditionen“ zur Propagierung der NS-Herrschaft benutzte. So hätte sich ein Überlegenheitsgefühl der Wiener*innen etabliert, die sich aufgrund ihres Erbes aus der k.u.k-Zeit als erhabene „Kulturdeutsche“ empfanden. Im kollektiven Empfinden grenzte man sich damit von den deutschen Tätern ab und verzögerte dadurch die Auseinandersetzung mit der eigenen Rolle im Zweiten Weltkrieg und Holocaust.
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