Literatur

Haus für Poesie

09.12.2024

Ich bin so FLEUR dasz nichts mehr geht – Zum 100. Geburtstag von Friederike Mayröcker

Ich bin so FLEUR dasz nichts mehr geht – Zum 100. Geburtstag von Friederike Mayröcker

(c) Isolde Ohlbaum
Zeit Montag, 09.12.202419:30 Ort Haus für Poesie
Kulturbrauerei, Knaackstr. 97, 10435 Berlin

Die Schriftstellerin Friederike Mayröcker (1924–2021) wäre am 20. Dezember 100 Jahre alt geworden. Aus diesem Anlass erscheint der zweite Teil der Gesammelten Gedichte (Suhrkamp Verlag 2024, herausgegeben von Marcel Beyer), ein über 500 Seiten starkes Buch, das die Jahre 2004– 2021 umfasst, angefangen bei dem Band dieses Jäckchen (nämlich) des Vogel Greif bis hin zu verstreut veröffentlichten und bisher unveröffentlichten Texten. Die Sammlung enthält Gedichte und Proëme (ein Kofferwort Ponge’scher Prägung, das etwas zwischen Lyrik und Prosa bezeichnet, Texte einer Art Zwischengattung also, so wie Mayröcker sie Anfang der 1990er Jahren zu veröffentlichen begann). Marcel Beyer schreibt in seinem Nachwort, Mayröcker habe es anscheinend darauf angelegt, die Membran zwischen den beiden Textformen durchlässig werden zu lassen. Er spricht von einer „zusätzlichen Schreibhaltung“, die prägend wird für das Spätwerk. In diesen „gattungs-elastischen“ Gebilden, in die auch poetologische Reflexionen einfließen, überrascht, wie immer bei Mayröcker, die schiere Fülle des Gesehenen, das wie selbstverständlich Sprache wird. Der ganze „Wahnwitz der Heiligkeit dieses Lebens“ geht ein in die „entzündbare Brust der Strophen“: das Wetzen der Bergfüchse bei Lana, ein Albatros, der die Frühe verfinstert, oder das Zittern eines Fledermausschattens an der Wand. Es geht um den „Flockenwirbel Kindheit“, Erinnerungen an die Mutter, an den Lebensgefährten Ernst Jandl oder an Thomas Kling, wie er „auf der geborstenen Säule“ steht („dieser rauhe und zärtliche Held“). Hinzu kommen imaginierte Begegnungen mit Hölderlin („nachts nadelst du als Regen an mein Fenster“) und immer wieder Derrida-Lektüren („nach Derrida bin ich verworfen mein Verstand meine unbefleckte Leiblichkeit eben wie Epheu“). Zeitgleich zu den Gesammelten Gedichten erscheint ein von Marcel Beyer und Peer Trilcke herausgegebener text+kritik-Band, der sich den unterschiedlichen Facetten des Mayröcker’schen Werks widmet (mit Beiträgen von unter anderem Frieder von Ammon, Ann Cotten und Uljana Wolf).

Um 17 Uhr wird im Kino in der Kulturbrauerei der preisgekrönte Dokumentarfilm „Das Schreiben und das Schweigen“ über Friederike Mayröcker von Carmen Tartarotti gezeigt. Mit dem Kinoticket ist der Eintritt zur Lesung im Haus für Poesie frei.

Eine gemeinsame Veranstaltung des Haus für Poesie mit text+kritik
Mit freundlicher Unterstützung des Österreichischen Kulturforums Berlin

In Lesung & Gespräch:
Marcel Beyer | Ann Cotten | Peer Trilcke | Uljana Wolf
Moderation: Frieder von Ammon

Information & Anmeldung